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Neue Regelungen für die Prüfung von Vergaben in NRW

Erläuterungen zur IDR-Checkliste „Prüfansätze bei Anwendung des § 75a GO NRW ohne Satzung“ (Stand 20.11.2025)

Für die Prüfung von Vergaben ist die örtliche Rechnungsprüfung gem. § 104 Abs. 1 Nr. 5 GO NRW verpflichtet. Nach § 104 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW gehört die Prüfung der Wirksamkeit interner Kontrollen im Rahmen des internen Kontrollsystems (IKS) ferner zu den gesetzlichen Aufgaben der Rechnungsprüfung. Zudem kann der Rat der örtlichen Rechnungsprüfung nach § 104 Abs. 3 GO NRW weitere Aufgaben übertragen. Im Übrigen steht es nach § 104 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW im pflichtgemäßen Ermessen der örtlichen Rechnungsprüfung, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu prüfen.

Mit der Neuregelung des § 75a GO NRW und der gleichzeitigen Aufhebung des § 26 KomHVO sowie der kommunalen Vergabegrundsätze steht das Vergabewesen in Nordrhein-Westfalen vor einem tiefgreifenden Wandel. Ab dem 1. Januar 2026 entfällt die landeseinheitliche
Regelungsbasis für kommunale Unterschwellenvergaben – und damit auch die jahrzehntelang etablierte Systematik aus VOB/A, UVgO und ergänzenden Verwaltungsvorschriften.

Diese Deregulierung bringt neue Handlungsspielräume, zugleich aber auch erhebliche Unsicherheiten in der kommunalen Praxis mit sich. Während § 75a Abs. 1 GO NRW die zentralen Vergabegrundsätze auf Leitprinzipien – Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Sparsamkeit,
Gleichbehandlung und Transparenz – reduziert, fehlt es an konkreten Prüfkriterien, wie diese Grundsätze künftig auszulegen, zu dokumentieren und zu kontrollieren sind.

Gleichwohl sind die in § 75a GO NRW genannten Prinzipien nicht neu, doch ihre rechtssystematische Bedeutung steigt erheblich. Sie sind keine bloßen Programmsätze, sondern verbindliche Ausprägungen des kommunalen Haushaltsrechts. Ihre Verwirklichung
erfordert eine komplexe Balance zwischen Flexibilität und Kontrolle – und damit eine verstärkte Prüfverantwortung der örtlichen Rechnungsprüfung.

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verpflichtet zur Erreichung des besten Preis-Leistungs- Verhältnisses. Er umfasst nicht nur die Einholung mehrerer Angebote, sondern auch strategische Elemente wie Markterkundungen, Rahmenvereinbarungen oder Lebenszykluskostenbetrachtungen. Die Prüfung wird künftig zu bewerten haben, ob die Verwaltung geeignete Instrumente zur nachweislichen Sicherung der Wirtschaftlichkeit entwickelt hat.

Der Grundsatz der Transparenz verlangt die vollständige und fortlaufende Dokumentation der Vergabeentscheidungen und auch ggf. eine Bekanntmachung der Beschaffungsabsicht. 

Statt formalisierter Pflichten nach UVgO oder VOB/A ist nun entscheidend, ob das jeweilige IKS
der Kommune eine prüffähige Nachvollziehbarkeit gewährleistet – beispielsweise durch digitale Vergabeakten, systematische Freigabeprozesse und revisionssichere Protokollierung.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung sichert die Integrität des Wettbewerbs. Er verbietet jede sachwidrige Bevorzugung oder Benachteiligung und fordert effektive Mechanismen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Rotation bei wiederkehrenden Bedarfen. Da die früheren Antikorruptionsnormen der UVgO und der VOB/A entfallen, kommt der Bewertung des internen Kontrollsystems eine zentrale Bedeutung zu.

Die Grundsätze der Sparsamkeit und Effizienz verpflichten öffentliche Auftraggeber dazu, mit den ihnen anvertrauten finanziellen Mitteln verantwortungsvoll, zielgerichtet und wirtschaftlich umzugehen. Hierbei bedeutet Sparsamkeit, dass bei der Erfüllung öffentlicher
Aufgaben nur so viele Mittel eingesetzt werden dürfen, wie zur Erreichung des Zwecks notwendig sind. Dabei ist der angestrebte Nutzen stets in einem angemessenen Verhältnis zu den entstehenden Kosten zu halten. Effizienz (bzw. Wirtschaftlichkeit im weiteren Sinne)
beschreibt, dass die verfügbaren Ressourcen so eingeset werden, dass das bestmögliche Ergebnis erzielt wird – entweder durch den geringstmöglichen Mitteleinsatz zur Zielerreichung
(Minimalprinzip) oder den größtmöglichen Nutzen bei gegebenen Mitteln (Maximalprinzip).
Im Kontext der Vergabe öffentlicher Aufträge nach § 75a GO NRW bedeutet dies, dass Kommunen ihre Beschaffungsentscheidungen so zu treffen haben, dass Haushaltsmittel wirtschaftlich eingesetzt werden, ohne dabei die Qualität, Nachhaltigkeit oder Transparenz der Verfahren zu gefährden.

Für die örtlichen Rechnungsprüfungsämter entsteht damit ein großes Spannungsfeld. Siemüssen weiterhin die Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit kommunaler Vergaben prüfen, obwohl verbindliche Vorgaben und Prüfkriterien entfallen. Um
eine einheitliche, nachvollziehbare und prüffeste Vorgehensweise zu gewährleisten, hat der IDR e.V. eine vorläufige Prüfhilfe entwickelt:

IDR-Checkliste „Prüfansätze bei Anwendung des § 75a GO NRW ohne Satzung“

Diese Checkliste dient der Rechnungsprüfung als Instrument zur Beurteilung kommunaler Vergaben in Fällen, in denen keine eigene Satzung erlassen wurde. Sie operationalisiert die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 75a GO NRW und überführt sie in prüfbare
Kontrollfragen, z. B. zu:
 

- der Einhaltung von Gleichbehandlung und Transparenz
- der Dokumentation der Wirtschaftlichkeit und Plausibilität von Marktpreisermittlungen,
- der Nachvollziehbarkeit von Auftragsänderungen und -verlängerungen,
- der Korruptionsprävention sowie
- der Beachtung anderer gesetzlicher Bestimmungen
 

Freilich können in einem Beschaffungsvorgang nicht immer alle aufgeworfenen Prüffragen beantwortet werden. Ferner sind sie nicht abschließend aufgelistet und unterliegen einer erheblichen Entwicklungsdynamik. Gleichwohl kann ihr gezielter Einsatz die Qualität einer
Vergabeprüfung erheblich steigern.
 

Das IDR e. V. wird die fortschreitende Entwicklung auch im Hinblick auf die Mustersatzung NRW im Blick behalten und erarbeitet derzeit auch eine Checkliste für deren Prüfung. 

Zur Entscheidungshilfe, ob eine (Muster)Satzung genutzt werden soll oder die Vergaben
zukünftig nach § 75a GO NRW erfolgen sollen, wird auf die auch bereits beim Landesgruppentreffen NRW am 23.09.2025 in Gelsenkirchen in ähnlicher Form vorgestellte PowerPoint-Präsentation verwiesen.

Ferner wird neben den beiden digitalen Workshops am 11. und 16. Dezember auch ein kostenloser digitaler Workshop voraussichtlich Ende Januar zu dieser Thematik stattfinden.

 

Wie angekündigt hat der IDR e.V. auch eine Checkliste entwickelt, die auf der von den Kommunalen Spitzenverbänden in NRW herausgegebenen Mustersatzung und deren Erläuterungen basiert.

Diese Checkliste ermöglicht eine gezielte chronologische Kontrolle der Umsetzung der dort geregelten Verfahren, etwa zu:

  • Wertgrenzen und Vergabearten,

  • Dokumentations- und Bekanntmachungspflichten,

  • Zuschlagskriterien, Markterkundung, Vertragsänderungen,

  • Organisationsregelungen (zentrale Vergabestellen, Vertretungsbefugnisse).

Die systematische Aufbereitung der Mustersatzung gewährleistet den Rechnungsprüfungsämtern eine einheitliche Interpretation und Bewertung kommunaler Satzungen, selbst bei abweichenden oder ergänzenden Regelungen einzelner Kommunen.

Beide IDR-Prüfwerkzeuge verfolgen das Ziel, der Sicherstellung einer hohen Prüfqualität.

 

Alle Unterlagen sowie die Checklisten finden Sie mit ihrem Mitgliedszugang in easyverein unter Dateien/Landesgruppe NRW.

Diesen Text können Sie auch hier downloaden.